Thing Frankfurt Blog / Artikel

Warum gib es keinen Künstlerstreik?

Veröffentlicht am

Die meisten werden derzeit eher mit dem Streik der Lokführer beschäftigt sein. Aber als die Frage nach dem Künstlerstreik bei der multi.trudi Veranstaltung "Kunst = Demokratie" im September aufkam, war nochmals Ruhe an der "Front".

Ein Künstlerstreik ist ein zeitweiliger Austritt aus der Kunst. Die Rückkehr wird mit Bedingungen verknüpft, während der Austritt unbedingt geschieht. In der Regel.

Die Bedingungen erfordern wiederum Bedingungen, ohne die ein Künstlerstreik nicht möglich wäre.

Zum einen erfordert es eine Art Organisation, sei sie explizit in Form eines Künstlerbundes, der als Vertreter der Künstler auftritt, - oder sei sie implizit in Gestalt eines gemeinsamen Interesses, das sich spontan äußert.

Zum anderen bedarf es eines Gegenübers, eines Ziels, an das sich der Streik richtet.

In beiden Fällen dürfte das Hauptproblem Diversität und Diffusion sein. Ein Streik ist da immer am wahrscheinlichsten, wo sich ausgeprägte und abgegrenzte Lager gegenüberstehen.

Künstler und Kunstbetrieb sind hochgradig individualisiert. Schwerlich nur lassen sich ihre manigfaltigen Interessen organisieren und und auf wenige griffige Formeln ("ein eigenständiger Tarifvertrag") reduzieren.

Ein Künstlerstreik bleibt daher vorerst ein Wunsch, ein Phantasma. So phantasiere ich...

Das System der Kunstförderungen und Stipendien zu bestreiken.

Mein Problem damit, ich halte es für hochgradig undemokratisch und intransparent. In der Regel ist kaum nachvollziehbar unter welchen Bedingungen und Kriterien die Gremien zu ihren Entscheidungen kommen.

Der einzelne Künstler macht sich viel Mühe mit der Bewerbung, auf die später ein gehaltloses Blabla folgt: ...leider konnten wir..., es tut uns leid.... etc. pp....

Dabei wäre es die vordringliche Pflicht der Institutionen zu klaren Kriterien ihrer Förderung zu gelangen.

Aber das Anliegen der Förderung und Unterstützung ist nie selbstlos und altruistisch, sondern dient immer auch dazu, die Fördernden selbst auszuzeichnen. Wer Preise vergibt, preist sich auch immer selbst.

Blieben die Künstler der Bewerbung fern, ginge diese Absicht ins Leere.

Ich träume nur...

Ähnliche Artikel

---

2 Kommentare

Re: Warum gib es keinen Künstlerstreik?

Warum gib es keinen Künstlerstreik? - 28. November 2007 - 20:41

vielleicht hast du wirklich recht mit dem streik. dieses "blabla" lese ich schon seit jahren selber. ich könnte wahrscheinlich ein kleines heft mit den allen tollen reisen und genialen projekten zusammenstellen hehe
ob man einen preis oder stipendium bekommt, entscheidet weniger was man tut sondern wie man es tut.
es wird immer künstler geben, die das bekommen und andere die als statisten dabei sind. und je mehr von den statisten desto größer der glanz der förderer und der preisträger
irgendwann hat man keine lust mehr sich von jüngeren oder gleichaltrigen beurteilen zu lassen;

Re: Warum gib es keinen Künstlerstreik?

Warum gib es keinen Künstlerstreik? - 01. December 2007 - 12:49

Warum es keinen Künstlerstreik gibt, ist einfach zu beantworten:


Wolfgang Ullrich, Fahnenflucht mit erhobenen Fahnen. Künstler im Streik, in : Ders. "Tiefer hängen. Über den Umgang mit der Kunst", S. 173 - 187, Berlin 2003.

Stewart Home, The Art Strike Papers, Brighton 1991.

Gustav Metzger, Kunststreik 1977 - 1980, in: ders: "Manifeste Schriften Konzepte", München 1997.

 

* * *

Permalink: http://blog.thing-frankfurt.de/artikel308.html

Im Kontext von Thing Book 2004 auch: ›http://www.cms.thing-net.de/artikel308.html‹ (veraltet).


[07/2015] Wegen Serverwechsel können wir die Seite Thing Frankfurt Blog in der bisherigen Form leider nicht mehr weiterführen.

Zur Zeit sind nur ausgewählte Artikel verfügbar.

Wir wollen zu Wordpress wechseln. Wer kennt sich aus mit Datenmigration, MySQL, eXtended RSS und könnte uns helfen? Freundliche Hinweise über Kontakt

Alles andere, Impressum etc auf Thing Frankfurt

Unterstütze uns mit:

© Thing Frankfurt Blog, seit 2002.