Thing Frankfurt Blog / Artikel

1 stunde blind

Veröffentlicht am

gestern war ich fuer eine stunde blind.

mit den tenniskollegen waren wir in der ausstellung dialog im dunkeln oder so aehnlich im museum fuer dialog oder dialogmuseum, 2 gebaeude von dem dialogcafe auf der hanauer (strassenbahnhalte osthafenplatz). blinde oder leute die so gut wie gar nichts mehr sehen (dennis konnte noch hell und dunkel wahrnehmen. er sagte, wenn er zu lange nicht im hellen gewesen sei fuehle er sich so muede und niedergeschlagen). vorher anrufen, es koennen hoechstens acht auf einmal rein. zu siebt dengelt man andauernd an einander blindenstoecke, das ist im wahren blinden leben sicher anders.


der erste gedanke der sich breitmacht: wohltuend. sehr entspannend nach einer weile so ganz ohne optische reize. farbschatten noch hier und da auf der netzhaut, die werden auch weniger. der bloedmann m. hat ein uhr mit leuchtzifferblatt. eine beleidigung in der dunkelheit. obwohl, an einer stelle war irgendwie ein kleines licht unter der decke. eine zumutung beim austritt aus der dunkelheit das licht. ganz schwaches sanftes licht, im eingangsbereich.


verwunderung ueber die erholsamkeit der dunkelheit. verwunderung noch ueber etwas anderes: die blinden verstehen irgendwie keinen spass. es ist ihnen sehr ernst. sie wirken so ernst die blinden. `auf meine stimme' sagen die guides immer wieder, und es ist mit ziemlichem ernst. wenn man zu etwas kommt, was man anfassen kann (waende, baeume, ein mini cooper, eine muelltonne, eine bank, wasser das an der wand runterlaeuft) greift der guide deine hand und fuehrt sie hin zum anzufassenden. nicht aufdringlich, eher so a la guck mal. vielleicht, denke ich spaeter, hat heiterkeit viel mit bildern zu tun. ist es nicht das bild das uns vor allem belustigt? schon mal ob eines geraeusches in lachen ausgebrochen (ohne ein bild vor sich zu haben), schon mal etwas angefasst und dich darueber totgelacht (sagen wir mal ohne das ding vorher gesehen zu haben)?


an der bar gibt es keinen alkohol. dennis (drei leute haben uns durchgeschleust) fuehrt uns hin (mit anfassen), wir bestellen was (die barkeeperin erkennt das geld natuerlich) und werden dann zu einem tisch gefuehrt, setzen uns. wir reden ein wenig mit dennis. er war nicht immer blind, und er kann hell und dunkel sehen. er sieht gern fern, hoert gern fern? den jahresrueckblick zum beispiel. dass das alles dieses jahr gewesen sein soll, unglaublich.

Ähnliche Artikel

---

2 Kommentare

Re: 1 stunde "nix gesehen"

1 stunde blind - 14. December 2005 - 11:31

Blindenhumor

Ich denke, wenn man keine Bilder kennt, reagiert man auf Geräusche sensibler.
Dann sind vielleicht schon leichte Variationen des gewohnten Geräusches witzig!
Außerdem erinnere ich an den Spaß, den Kinder beim immitieren von Furzgeräuschen haben!

Dinge anfassen und spontan lachen. Ich konstruiere: Ein Blinder will dein Gesicht mit den Händen erkunden -
und du hast dir eine Spaßnase aufgesetzt!

Gelegentlich würde ich auch gerne viele der Bilder ausblenden, die mir begegnen. Das geht nicht so weit, dass ich
Blinde beneide, aber die vielen nackten Models in der Werbung, den Heften, dem Internet
und den DVDs beeinflussen mich negativ.
Wie glücklich wäre ich, wenn ich nur auf Geruch, körperliche Präsenz und Griffigkeit reagieren würde und nicht von
"Hängebrüsten", "breiten Hintern" und "schiefen Nasen" abgelenkt würde.

Ich überlege: Die Idee des "dark room" geht wohl in diese Richtung.

Grüße aus HH
Peitsche

1 stunde taub

1 stunde blind - 17. December 2005 - 02:52

also beim mops isses so: wenn er sich im spiegel sieht oder im fernsehen, reagiert er neutral. wenn er sich jedeoch vom band hört, fängt er (oder sie) sofort an zu schimpfen. interessnt wird die sache erst, wenn man einen transfer der primärwahrnehmung vom gesicht zum gehör annimmt und sich fragt, ob es in der frühkindlichen entwicklung beim mops auch ein äquivalent zum spiegelstadium gibt, d.h., ob er erst ab eines gewissen alters (9-18 mops-monate) sich erkennt und schimpft, oder ob das bereits früher eintritt. hinweis: lacan war ein mops. hat mehrere weibchen beglückt und auch sonst alles im feld der psychoanalytischen gesellschaft angepinkelt. [code: 3344kk]

 

* * *

Permalink: http://blog.thing-frankfurt.de/artikel237.html

Im Kontext von Thing Book 2004 auch: ›http://www.cms.thing-net.de/artikel237.html‹ (veraltet).


[07/2015] Wegen Serverwechsel können wir die Seite Thing Frankfurt Blog in der bisherigen Form leider nicht mehr weiterführen.

Zur Zeit sind nur ausgewählte Artikel verfügbar.

Wir wollen zu Wordpress wechseln. Wer kennt sich aus mit Datenmigration, MySQL, eXtended RSS und könnte uns helfen? Freundliche Hinweise über Kontakt

Alles andere, Impressum etc auf Thing Frankfurt

Unterstütze uns mit:

© Thing Frankfurt Blog, seit 2002.