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Das Mori Art Museum I

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Das Mori Art Museum, erst am 18. Oktober eröffnet, ist die neuste Errungenschaft in der Museumslandschaft Tokyos. In den folgenden Artikeln soll ein Versuch unternommen werden sich diesem Projekt, das allein auf privater Förderung basiert zu nähern.

Privatmuseen sind keine Seltenheit in Tokyo oder Japan, das die Idee des Museums im 19. Jhdt. aus dem Westen importiert hat. Es muss eher angenommen werden, daß die überwiegende Anzahl der Museen in Tokyo von privater Hand betrieben wird.
Zwei Spielarten stellen sich dabei heraus. Museen oder Sammlungen, die von reichen Firmeneigentümern oder Privatpersonen in Form eines Erbes gegründet wurden (das Hara Art Museum z.B.), sowie Museen, die an Firmen oder Kaufhäuser angebunden sind. Letztere beherbergen entweder die Firmensammlung, die oftmals auf den Eigentümer oder Präsidenten zurückgeht (Yasuda), oder dienen als PR-Massnahme zur Stärkung des Images der Firma in der Öffentlichkeit. (SONY Showroom, Bunka Mura des Kaufhauses Tokyu, ICC von Nippon Telecom)

Das Mori Art Museum stellt eine Mischung aus beidem dar, insofern es direkt auf die Initiative von Herrn Minoru Mori, Eigentümer der Mori Building Group, des grössten Immobilien-Investors Japans, zurückgeht, des weiteren in einem integrierten Zusammenhang mit dem jüngsten Projekt der Mori Group in Tokyo steht, Roppongi Hills.
Deshalb soll im folgenden ein Blick auf das Projekt Roppongi Hills geworfen werden.

In fünfzehnjähriger Planungszeit hat die Mori Group im Stadteil Roppongi, das noch innerhalb der Yamanote Line liegt und deshalb zum Kerngebiet von Tokyo gerechnet werden darf, auf einer Fläche von 12 Hektar einen komplett neuen Stadtteil errichtet, dessen markantestes Merkmal der 54 Stockwerke hohe Mori Tower darstellt. Das Investitionsvolumen wurde mit 2,7 Milliarden Dollar angegeben.

Der Komplex besteht neben den sich auf ca. 40 Stockwerken erstreckenden Büroflächen im Mori Tower aus Ladenpassagen (Shopping Malls), Restaurants und Bars, Aufenthaltsbereichen, Kinos, sowie drei Wohntürmen mit exklusiven Apartements für 840 Familien (2.800 bis 39.000 $ Monatsmiete). Auf dem Gelände befindet sich ebensfalls der Fernsehsender TV Asahi mit einem Freilichtstudio.
Autos sind auf dem Areal nicht zugelassen. Wie in anderen Bereichen Tokyos mit Superdichte dominieren Fußgänger.
Hier wurde eine Stadt im Kleinen errichtet, die nur das vermissen lässt, was die öffentliche Hand von sich aus zur Verfügung stellt, wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser.

Daß man theoretisch Roppongi Hills nie mehr verlassen muss, steht im erklärten Einklang mit der Absicht des Eigentümers, die enorme Zersiedelung des Tokyoter Stadtraums wenigstens an einem Punkt einzudämmen (wenn auch nur für die, die es sich leisten können): » Mori has two key objectives: to double urban living space and double the free time available to the city's residents by reducing commuting time. "To do this, we must transform Tokyo's horizontally dense city into a vertical urban area by completely changing the paradigms on which cities are built," he says. « (Zitat: Japan Today)

In der Tat hat die Explosion der Bodenpreise in Tokyo in den letzten 30 Jahren dafür gesorgt, daß vor allem Familien in riesigen anonymen Vororten leben, während die Innenstädte, keineswegs leer am Wochenende, von Shopping Malls und Department Stores dominiert werden, deren Publikum sich vorwiegend aus jungen komsumfreudigen Singles zusammensetzt.
In der Worten Moris, der selbst in Roppongi Hills wohnt und arbeitet: "On Sundays and holidays, there is not a soul in sight in streets with office buildings, while on weekdays, in the suburbs, all you find are children and their caretakers. Commuting shouldn't consume our days. We need high-rise city centers where all facets of life are within easy walking distance."

Wie sich das Projekt, das erst im April diesen Jahres offiziell eingeweiht wurde, in Zukunft entwickeln wird bleibt abzuwarten. Derzeit scheint Roppongi Hills noch eine grosse Attraktion für die Tokyoter darzustellen, die an einem Sonntag das Gelände in Scharen bevölkerten und allen Punkten lange Schlangen entstehen liessen.

Link: http://www.roppongihills.com Roppongi Hills
Link: http://www.moriliving.com Mori Living
Link: http://www.mori.co.jp Mori Group
Fortsetzung: Das Mori Art Museum im Eigentlichen

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Ein Kommentar

Anmerkung I

Das Mori Art Museum I - 03. May 2004 - 22:55

Ich hatte oben angemerkt, daß Mori sich ein städtebauliches Ziel gesetzt hat, nämlich der Zersiedelung des Stadtraums von Tokyo wenigstens partiell Einhalt zu gebieten.

Auf einer ganz anderen Seite stellt Roppongi Hills gar keine "Lösung" dar. Die Auslegung von Wohn- und Arbeitsplatz ist nach wie vor extrem konservativ angesetzt. Man arbeitet im Mori Tower, und man lebt in den umliegenden Condominiums.

Nachts ist der Tower nahezu leer, tagsüber die Wohnstätten. Dabei ist Büro der teuerste Arbeitsplatz schlechthin, weil es keine 24h Nutzung wie in einer Fabrik gibt. Daß beide nahe zusammen liegen ist ein Schritt, aber nicht der letzte. Den hätte Mori zu einer wirklich Innovation noch gehen müssen.

 

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Permalink: http://blog.thing-frankfurt.de/artikel148.html

Im Kontext von Thing Book 2004 auch: ›http://www.cms.thing-net.de/artikel148.html‹ (veraltet).


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