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die neon menschen

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Es gibt ein neues (noch eins!) magazin im handel, aus dem hause stern (gruner + jahr/bertelsmann), übernommen aus den resten des ehemaligen SD "jetzt", - für alle, die dem slogan "eigentlich sollten wir erwachsen werden" mitfühlen.
Und es ist bloss ein versuchsballon: "Seit dem 23. Juni liegt unser neues Magazin am Kiosk - zunächst nur ein einziges Mal. Ob es weitergeht, hängt auch von euch ab. Denn: NEON ist ein Test."

Damits hoffentlich nicht beim test bleibt wird uns gleich mal erklärt, was wichtig ist: "die 100 wichtigsten jungen deutschen"

Ich hab mir mal die mühe gemacht diese "wichtigen" nach berufsgruppen zu sortieren:

22 schauspieler/modells
12 poliker u. engagierte
11 sportler
10 musiker
10 wissenschaftler
09 schriftsteller
08 tv moderatoren
06 designer
05 film u. theater regisseure
03 künstler
02 fotografem
01 dj
01 unternehmer

"künstler" steht noch nichtmal an letzter stelle. Wenn man mal alle "kreativen" zusammenzählt kommt man auf 58, also gut mehr als die hälfte. Keine schlechte chance also in diesem bereich als wichtig eingeschätzt zu werden.

Vernichtend allerdings vom image die unternehmer (die allenfalls noch in richtung wissenschaftler o. designer andocken könnten). Und das in einer zeit, die sich die wirtschaft geradezu aufoktroiert hat. Von den 12 politkern sind etliche dabei (attac z.b.), die sich auch noch das ziel gesetzt haben, wirtschaft zu bekämpfen.

Eine wahrlich seltsame einschätzung von einem magazin, das ja ohne wirtschaft und ihren produkten qua werbeschaltung nicht existieren könnte. Stattdessen dominieren die, schauspieler/modells, die selbst nichts produzieren, sondern nur ein image der anderen repräsentieren.

Hier ist ein einschub von nöten: in seinem buch "totgedacht - warum intellektuelle unsere welt zerstören" entwirft Roland Baader ein polemisches und über strecken erschreckend zutreffendes bild der schreibtischtäter und wortgewaltigen, deckt ihre heimliche oder offene wirtschaftsfeindlichkeit und ihre sympathie zu staatsgewalt und zentralen planungsmassnahmen auf. Seine zentrale these: der unternehmer ist deswegen so schlecht angesehen, weil er nach möglichst wenig staat (= handelshemmnisse) strebt und dadurch arbeitsplätze gefährdet, der intellektuellen nämlich, die sich in universitäten, stiftungen, gremien und behörden wohl eingerichtet haben. Dass dies kein phänomen einer neo-liberalismus-kritik ist, zeigt er eindrücklich anhand der polemik zwischen angeblich "deutscher kultur" und "angesächsischer zivilisation" aus der zeit der ersten(!) weltkriegs, als grössen der nationalökonomie wie Sombart englischen liberalismus als produkt von "krämerseelen" denunzierten.

Kommen wir nun zu den DJs, denen man nach ihrem kultstatus in den 80er und 90er nur noch eine randposition zubilligt. Es wird nur noch ein DJ als wichtig erachtet (den man evtl. noch unter die musiker subsumieren könnte); übrigens die einzige mir persönlich bekannte figur, Daniel Haaksmann.

Fotografen könnte man analog zu den unternehmern behandeln. Wer macht die ganzen bilder, von denen auch dieses magazin voll ist? Heidi Klum als modell von H&M kennt jeder; wers fotografiert hat weiss niemand.

Haben wir also den test gemacht?

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