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Cocosuma, AJ Holmes: The King of the New Electric Hi-Life.

13. December 2008

Die französische Band Cocosuma hat sich verändert. Diejenigen, die mit ihren frühen Werken Reindeer Show the Way oder We Were a Trio vertraut sind, bemerken dies sofort: We´ll drive you home backwards klingt anders. Das hat viele Gründe. Einer davon ist Amanda. Die Londonerin ersetzt nun Sängerin Kacey, die die Band vor zwei Jahren samt ihrem souligen Timbre verließ. Amandas Vorliebe für psychedelischen Pop vermag Seiten von Cocosuma freizulegen, die vorher verborgen geblieben waren. Das von ihr komponierte, traumwandlerisch anmutende Cinders beweist dies nur all zu gut. Doch das ist nicht die einzige Facette, die sie dem Bandsound hinzufügt. Ähnlich wie die jugendlichen Protagonisten des Teenyfilms und Kultklassikers Ferris Bueller´s Day Off (deutscher Titel: Ferris macht blau) dem der Titel der Platte entliehen ist, durchleben Cocosuma mit Amanda ein breites Spektrum an Gemütszuständen. In Sekundenschnelle kann hier beschwingte Fröhlichkeit in tiefe Melancholie umschlagen, ohne affektiert zu wirken. Ein anderer Grund ist, dass Cocosuma in den letzten Jahren einige Erfahrung als Liveband sammeln konnten. Michael und Chab haben gelernt, sich auf ihre Fähigkeiten als Musiker zu verlassen. Sie scheinen wie befreit, haben unnötigem Ballast über Bord geworfen und kommen so auf We´ll drive you home backwards ihrem energetischen Live-Sound näher denn je, ohne auf produktionstechnische Finessen verzichten zu müssen. Natürlich stehen sie weiterhin für verträumten und feinfühligen Pop, mischen introspektive Beschaulichkeit mit klaren Melodien und atmosphärischer Dringlichkeit. Und doch: Ob sie nun verspielt-knisternd wie in Charlotte’s on Fire, voller Sprungkraft (Atheletes!) oder zaghaft entrückt (Polly has my disease) agieren, Cocsuma wirken aufgeräumt und zielstrebig. Das ist ihre ausgefeilteste und punktierteste Platte und damit unterscheiden sie sich dann doch von Ferris Bueller und seinen Freunden: während diese noch am suchen sind, haben Cocosuma ihre Platz in dieser Welt bereits gefunden. myspace.com/cocosuma

Ein Londoner, dessen aus Freetown stammender Nachbar ihn mit westafrikanischer Musik infizierte, zieht nach Berlin und wieder zurück nach London. Spielte bei They Came From The Stars I Saw Them und Les Beaux Gosses De Berlin. War noch nie in Afrika. So ginge AJ Holmes’ Biografie im Telegramm-Stil. Die Spex weiß es genauer: „Schon 2005 veröffentlichte Holmes, damals noch unter seinem Pseudonym Vanishing Breed, ein Album auf dem feinen Lüneburger Label Pingipung. Es ging darauf um Zwischenorte, um unüberwindbare Distanzen und Schwebezustände. Sehnsucht nach woanders und Angst vor dem Ankommen. Es trug den Titel Between Arrival and Departure. Nun, so scheint es, ist Holmes angekommen. Wo Wehmut herrschte, strahlt heute Fröhlichkeit. In Schwung gehalten durch das verwirrende, karibisch klingende Geplänkel von Hi-Life-Gitarren. Hi-Life ist vielleicht die schönste Musik der Welt. Der Begriff bezeichnet manchmal einen Gitarrenstil, manchmal eine ganze Musikrichtung, die in vielen Ländern Westafrikas beliebt ist. Die Ursprünge von Hi-Life liegen in den 1920ern, vor allem in Ghana und Sierra Leone, einem Umschlagplatz kultureller Feedbacks, erklärt Holmes. In dieser Kolonialverwaltungshochburg ging der Stil mit traditionellen Elementen afrikanischer Musik und europäischen Einflüssen, vor allem Jazz, eine bizarre Verbindung ein. Bekannt ist er auch als Palm Wine Music oder Maringa, gespielt von S.E. Rogie, Franco oder Super Combo. Holmes weiß eine Menge über Hi-Life, seine Augen fangen an zu funkeln, wenn er davon erzählt. Damals, in Barking, einem Vorort im Osten Londons, in dem er aufwuchs, hat ihm ein Mann diesen Stil näher gebracht: Der aus Sierra Leone emigrierte Sänger Folo Graff brachte ihm das spezielle Gitarren-Picking bei und findet sich heute noch auf der Liste der Musiker, mit denen Holmes zusammenarbeitet.
Diese Liste ist sehr lang. Heraus sticht die Pariserin Anne Laplantine, die mit dem Londoner Produzenten Sculpture (They Came From The Stars…) für ein elektronisches Gegengewicht in Holmes’ Musik sorgt.“ (erschienen in SPEX #310 08/2007). Mittlerweile ist Holmes zurück nach London gezogen. Am Vorabend seines Offenbach-Konzerts spielt er bei der Byte.FM Party im Uebel & Gefährlich in Hamburg. myspace.com/ajholmesthekingofthenewelectrichilife Vor, zwischen und nach dem Konzert gibt es zwecks Versüßung des Switchens zwischen Paris, London, Freetown und Berlin ein themenbezogenes und daher rares Xela-DJ-Set.

Ort

Hafen 2

»

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