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wildwechsel :: Thomas Kilpper

04. November 2005

Ausstellung:

Thomas Kilpper in der Galerie wildwechsel

Fahrradladen

Vernissage: 4. November 2005 19.00 Uhr
Ausstellung: 5. November - 25. November 2005
Öffnungszeiten: Mi. Do. Fr. 16.00 - 19.00 Uhr u.n.V.


Auf fast allen Wegen, die ein Künstler begehen kann, wählt der in Berlin
lebende Thomas Kilpper den schwierigsten. In seiner Arbeit schreckt er
einerseits nicht zurück vor grossen bis monumentalen Formaten und komplexen
Inhalten. Andererseits entwickelt er eine erstaunliche Vielfalt und Liebe
zum Detail, geht in die Tiefe.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Kilpper durch seine
großformatigen Holzschnitt-Projekte von 1998 bis 2000 in leerstehenden
Gebäuden bei Frankfurt und in London.
Hier arbeitete er sich regelrecht ab: am Widerstand des Parkettbodens und an
dessen teils komischer, teils belasteter Geschichte. Bei Frankfurt war es
ein ehemaliges Nazi-Militärlager, das nach dem Krieg zum Ort zahlreicher
Verhöre und Übungseinsätze der US-Armee wurde und wo kaum 2 Jahre nach
Kriegsende mit Hilfe der CIA der Vorläufer des deutschen Auslands
Geheimdienst, BND, die sog. "Organisation Gehlen" aus der Taufe gehoben
wurde. Erstaunlicherweise geschah dies unter derselben Führung, die zuvor
den Nazi-Geheimdienst "Fremde Heere Ost" stellte: Reinhard Gehlen.
In London war es ein Ort an dem im 18.Jahrhundert ein oktagonales Gotteshaus
errichtet wurde, das knapp hundert Jahre später radikal umgenutzt wurde: die
Kanzel wurde ersetzt durch einen Box-Ring, in dem 30 Jahre bedeutende und
populäre Boxkämpfe stattfanden - bis während des 2. Weltkriegs Hitlers
Luftwaffe das Gebäude in Schutt und Asche legte. Orbit House, das nach dem
Krieg an selber Stelle errichtet wurde, diente zunächst der Britischen Armee
als geheimer Ort ihrer Druckwerkstatt, bis die Orientabteilung der British
Library hier einzog und unter anderem just in diesem Ort den ältesten
bekannten Holzschnitt der Welt aufbewahrte, den "Diamond Sutra" aus China.
Kilpper geht in Archive, befragt Anwohner oder ehemalige Angestellte... dann
rückt er an: "mit schwerem Gerät werden dem glatten Holzboden die Gespenster
der eigenen Vergangenheit
eingeritzt, -gesägt, -gefräst, -geschnitten, -gehackt, -gestemmt. Später
wird die aufgekratzte Landschaft wundartistisch versorgt. Mit Farbe, Papier
und Stoffen werden die Drucke abgenommen." (Else Gabriel über Thomas
Kilpper)


Auf Einladung des Goethe-Instituts reiste Kilpper 2003 in die besetzten
Gebiete Palästinas und baute gemeinsam mit palästinensischen Jugendlichen
aus Metall zerstörter Häuser und Autos eine überlebensgroße Pferd-Skulptur.
Im Arabischen Raum ist das Pferd Symbol für Freiheit und genießt ungemein
große Popularität.
Gegen ständig wiederkehrende Ausgangssperren, Kontrollen, Panzer- und
Luftwaffeneinsätze war dieses Projekt der Versuch, wieder Spiel- und
Bewegungsräume im Öffentlichen Raum zu eröffnen. Nach seiner Fertigstellung
wurde das Pferd gemeinsam mit einigen Workshop-Teilnehmern - trotz aller
Warnungen - erfolgreich von Checkpoint zu Checkpoint durch die gesamte
Westbank bis nach Ramallah, zu Arafats zerstörtem Regierungssitz gezogen.
Wie durch ein Wunder öffnete das Pferd für einen kurzen Augenblick fast
sämtliche sonst verschlossenen Tore. "Man muß den Film sehen, den Thomas
Kilpper darüber
gemacht hat... Die geschilderten Einzelheiten ganz alltäglichen Lebens
stecken voll absurder Hindernisse, handeln auch von großer Gastfreundschaft,
und vom Eingerichtetsein in Provisorien ebenso wie in
Feindseligkeiten...."(Else Gabriel)

Für die Galerie Wildwechsel in Frankfurt hat Thomas Kilpper eine neue
Installation - Fahrradladen - vorgesehen.
Es werden sowohl Fahrräder zum Kauf angeboten - als auch defekte Räder zur
Reparatur angenommen. Der Galerist und Kunsthändler wird zum
Fahrad-Verkäufer und Fahrrad-Mechaniker - der Galeriebesucher möglicherweise
zum Fahrrad Käufer oder Kunde einer Fahrrad Reparatur.
Kilpper will sowohl Funktion und Identität des Ortes als auch die soziale
Stellung seiner Protagonisten befragen - und gleichzeitig anregen zu einer
Form ökologisch sinnvoller Mobilität. Die während der Ausstellung verkauften
Räder werden vom Künstler signiert.

Ort

Galerie Wildwechsel, Rotlintstrasse 98, 60389 Frankfurt

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