Thing Frankfurt Blog / Archiv

Thing Frankfurt 14.12.1993

14. 12. 1993

Message #110 - BERICHTE
Date: 14-Dez-93 19:57
Von: Pit Schultz
An: all
Betreff: geld*beat*sythetic

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geld*beat*synthetic

eine reihe zu biotechnologie, kritik, kunst

mittwoch 15.dezember1993 19h eroeffnung, 20h gespraech ueber geld*beat*synthetic(berlin), dopamin (muenchen)+GAME GIRL (zuerich) (1) 21h FILM privilege (2) von yvonne rainer

donnerstag 16.dezember 19h (kolloquium) gerburg treuschdiefer "jenseits der geschlechterdifferenz" (3), vortrag + gespraech

freitag 17. dezember 19h E-SMOG, praesentation, pit schultz (4). 20h vortrag/gespraech "metaphernpolitik" bemhard gill (5)

samstag 18. dezember 18h "gender/tekkno" mit sabeth buchmann, juliane rebentisch, stephan geene

1 gespraech "geld*beat*synthetic", ueber damit verbundene projekte, ueber die sog."philosopl der neuen medien", biomassen etc.
2 der film der usamerikanerin yvonne rainer von 1990 demonstriert distanz, praxis, alltac mit medizin, technologien + sich selbst.
3 gerburg treuschdieter ist soziologin an der fu-berlin. sie analysiert das gen als paradox "einzeller", der dem verstaendnis des menschen als vielzeller widerspricht. bisher war aber gerade die gespaltene/heterogene materie das, woraus das psychophaenomen person bestand.
4 pit schultz arbeitet im rahmen von botschaft e.v. an einem archiv zu e-smog. als e-smog gelten die moeglichen wirkungen technisch erzeugter elektromagnetischer felder auf menschen und maschinen. e-smog stellt ein netz von bezuegen her, in dem sich eine vielzahl von sub- und nebendiskursen reorganisiert. "esmog verweist auf i(nformations)-smog."
5 bernhard gill ist politikwissenschaftler in berlin + arbeitet u.a. mit dem genethischen netzwerk berlin. "Die informationstheoretische Metapher ist zum vorherrschenden Modell in der Biotechnologie geworden. Daraus leiten sich verschiedene Kontroll- und Nutzungserwartungen ab, die aber problematisch sind, weil die Wirklichkeitserfassung der Modelle im Bereich der Informationstechnik nicht ohne weiteres auf die Biologie zu uebertragen sind."
6 wenn wir (in unserer sexuellen identitaet) nicht auf unsere vermeintliche natur zu reduzie ren sind, ist die daraus hervorgehende ueberlegung, wir seien (sozial) konstruiert, nicht technologisch gedacht?

organisiert von sabeth buchmann, stephan geene, renate lorenz, juliane rebentisch

ort: kunstwerke berlin, auguststr. 69,10117 berlin, tel: 030. 281 73 25, fax 2817325

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wissenschaftliche erkenntnisse sind teil der kultur in der sie entstehen. das gilt auch + besonders fuer gen- und biotechnologien, die zur zeit in der offensive sind. wahrnehmung verschiebt sich von sozialer beschreibung (von krankheiten zb.) auf technische beschreibung. mit "geld*beat*synthetic" antworten wir auf diese situation.

"fakten" wie das gen fuer die jeweilige erbkrankheit sind produziert + sollen auf homosexualitaet oder schizophrenie ausgeweitet werden. sie muessen durch einen anti-patriarchalen produktionsrahmen gekontert werden. wie aber "erkenntnis" zwischen kultureller praegung + materiellen "effekten" gedacht werden kann, ist eine erst zu entwickelnde form der frage. so fordert eine us-amerikanische "science and gender group", dass auch biologie sich einer feministischen kritik oeffnen muss, die in literatur, kunst + sozialwissenschaft zu neuen einsichten gefuehrt hat.

gerade im kunsVtheoriebereich ist es in deutschland ueblich geworden, bei themen wie "neue medien", "kuenstliche intelligenz", "biotechnologie" in einem sprechenden computer einen beleg dafuer zu sehen, dass alles, was spricht, auch ein computer sei. folglich sei in der genetik (zb.) ein code zu entschluesseln, um danach industrialisierte eigenschaften verfuegbar zu machen. solches denken formuliert sich auf den wissenschaftsseiten des feuilletons ebenso wie im unoffizioesen bereich, in der glaeubigen lektuere von virilio, baudrillard, kittler, bolz. so hat sich das fernsehen bereits den theorien ueber es angeschlossen + glaubt, ereignisse wie der golfkrieg etc. wuerden nur fuer sie inszeniert.

tatsaechlich aber wird in den anwendungsbereichen sichtbar, dass zwar die eigenschaften von sog. naturphaenomenen in beschraenkten faellen simulierbar sind, diese aber nur aufgrund von vermutungen ueber die uebereinstimmung der simulationsregeln mit den gesetzen der simulierten phaenomenen funktionieren. ob das gentechnisch in zellkulturen gewonnene insulin dem insulin, das ausserhalb des labors entsteht, "ausreichend" aehnelt, untersteht einer wissenschaftlichen definitionsmacht, die eng an die verwertungsinteressen der pharmazeutischen industrie angeschlossen ist.

die behauptung, bewusstsein sei maschine, ist eine politische aussage, die politisch behandelt werden muss.

gleichzeitig darf aber auch die komplexitaet des problems nicht unterschlagen werden: wir selbst sind in unserem denken, in unseren abstrakten bezuegen auf geld + (synthetische) beduerfnisse bereits produkte einer techno-wissenschaftlichen geschichte. diese kann durch keine bezuege auf vorgebliche natuerlichkeit rueckgaengig gemacht werden. aus der nicht-natuerlichkeit heraus industrielle synthetik zu kritisieren ist schwierig, aber das worum es geht.

mit dieser 4 tage dauernden veranstaltung beginnen wir eine reihe von ausstellungen/veranstaltungen. mit projekten in muenchen ("dopamin", minimal club im stadtraum+ kunstverein) und zuerich ("GAME GIRL", renate lorenz/shedhalle) steht geld*beat*synthetic in zusammenhang.

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--- MacWoof Eval:13Nov92
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