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Stefan Beck an Felicia Herrschaft - 17.3.1994

17. 3. 1994

Liebe Felicia, meine Meinung wie ich die gestrige Diskussion fand, habe ich schon dem Andreas geschickt. Ich moechte nur nochmal auf Deinen Hinweis eingehen, dass Kunst heutzutage projektbezogen sei und daher in das Netz gehoere. Das ist natuerlich richtig, aber gleichzeitig kommt mit der Projektbezogenheit auch die Unsicherheit ueber den Status des Werkes. Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie ich das denn beschreiben soll, was ich so den ganzen Tag mache, ist das ein "Buero", ein "Atelier", eine "Agentur"? Und da hilft das Netz ueberhaupt nicht. Es waere eher komisch, wenn sich die Leute jetzt gegenseitig auf die Schulter klopften und bestaetigten, dass sie ein "richtiges Projekt" machten. Das Problem ist, dass ich manchmal auch gar nicht so genau weiss, wann etwas ein Projekt ist. Das bringt die Unsicherheit so mit sich. Ausserdem haengt es mir auch zum Hals raus, wenn jeder sein "Projekt" macht und damit oeffentlich hausieren geht. Minimal Club fuehren das schon andauernd vor. Die machen schon gleich Reklame fuer ihr uebernaechstes Projekt. Ich stelle mir vor, dass so ein Netzwerk als ein dreidimensionales Modell gesehen werden kann, dessen drei Achsen Stringenz, Beteiligung und Dichte ausmachen. Unter Stringenz verstehe ich Schluessigkeit und Folgerichtigkeit der kommunikativen Akte. Also, ob eine gewisse zeitliche und thematische Disziplin eingehalten wird. Beteiligung kann verschiedene Formen bedeuten, sowohl die Art und Weise, wie das Netz es zulaesst gewisse Ereignisse zu partizipieren, wie auch die Aktivitaet des einzelnen Benutzers, es kann ja sein, dass jemand nur den ganzen Verkehr im Netz beobachtet und sonst nicht weiter eingreift. Dichte ist schliesslich die Art und Weise der aufbereiteten Information. Nurgemaess hat ein Netz wie TT eine sehr geringe Dichte (oder Bandbreite), weil es im Grunde nur den ASCII-Zeichensatz zulaesst. Mehr als lineare Textzeilen zu produzieren ist nicht drin. Fax dagegen ist ein wesentlich dichteres Medium, das dafür aber nur eine geringe Beteiligung moeglich macht. Was jemand nun von einem Netz erwartet, laesst sich innerhalb dieser Axen ablesen. Mich z. B. stoert sehr, dass die Dichte bei TT so gering ist, deshalb will ich ja Bilder uebertragen koennen. Der Austausch ueber Projekte wuerde ja wieder nur linear, schriftlich-ascii-maessig ablaufen, und daher vielleicht manchem Projekt auch zuwider gehen. So ein Netzwerk ist - finde ich im Zeitalter des Fernsehens - ein Anachronismus. Fuer Leute, die den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben, als in die Tasten zu hacken. Als ich 1988 mit dem Netzwerken anfing, stellte ich schnell fest, dass die meisten Teinehmen des Netzes professionelle Hacker waren, irgendwelche Angestellte von Rechenzentren, die den lieben langen Tag kaum mehr zu tun hatten, als das Netz neben am Scxhirm alufen zu lassen. ein wenig praegt das noch immer die Arbeit in den Netzen . TT ist da keine Ueberraschung fuer mich. Die gestrige Diskussion ist ja auch prompt in diese Ecke ausgeartet. Herzliche Gruesse Stefan 17.3.1994

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